Porträt
Michael Jäggi
"Das Lachen habe ich nie verlernt."
Beruf/Ausbildung
Autolackierer -> IV-Eingliederung -> Elektroplaner
Funktion bei TBF
Projektleiter, Bauleiter, Fachplaner Bahnstrom
Eintritt bei TBF
2018
Wer mit Dir telefoniert, dem fällt zuerst Deine grosse Gitarrenwand im Hintergrund auf, wie bist Du dazu gekommen?
Angefangen hat alles in der 7. Klasse mit einer Live-DVD von Ozzy Osbourne. In dem Moment, als sein Gitarrist Zakk Wyldes in die Saiten griff, war mir klar: Das will ich auch können! Zu meinem ersten Sammlerstück kam ich dann schon bald mit blutjungen 13 Jahren!
Ein guter Freund vom lokalen Musikgeschäft und ich heckten den Plan aus, eine Profi-Gitarre zu bestellen. Gekauft hätte ich sie natürlich nicht, es ging nur darum, sie mal in den Händen zu halten. Dummerweise war mein Freund genau dann abwesend, als die Gitarre eintraf. Deshalb rief ein anderer Mitarbeiter bei mir zu Hause an und landete ausgerechnet bei meiner Mutter. Die war ordentlich überrascht, dass ihr Sohn ein solches Instrument liefern liess! Die Gitarre hat sie mir schliesslich gekauft – unter der Bedingung, dass ich den stattlichen Preis mit nachmittäglichem Aushelfen in der benachbarten Autogarage zweimal die Woche über zwei Jahre abarbeite.
Was bedeuten Dir diese Gitarren?
Die Gitarren, wie sie hier hängen, sind sozusagen das Produkt meiner bisherigen Reise. Hinter jedem einzelnen Stück steckt ein Erlebnis, eine Erinnerung, eine Begegnung… Das sind für mich mehr als Instrumente. Eigentlich sind die Gitarren hier wie eine Sammlung von Meilensteinen in einem Fotoalbum.
Diese Leidenschaft ist eng verknüpft mit einem Schlüsselmoment in meinem Leben. Vor sieben Jahren erlitt ich einen Verkehrsunfall mit schwersten Körper- und Kopfverletzungen: Für eine gewisse Zeit lag ich sogar im Koma. Meine damalige Freundin spielte mir per Kopfhörer Zakk Wyldes Musik in Endlosschlaufe vor. Ich wachte zu dieser Musik schliesslich auf und sie begleitete mich dann auch durch die schwere Reha-Zeit. Seine Musik berührt mich ganz tief drin. Als dann auf Ebay eine seiner Gitarren auftauchte, da wusste ich: Die muss ich haben! Dem Verkäufer erzählte ich meine Geschichte und wie mich diese mit Zakk Wyldes Gitarrenspiel verbindet. Und siehe da: Der Verkäufer war niemand anders als sein Manager für die bevorstehende Europatournee! Er war so berührt, dass er mich zu einem Meet-and-Greet mit meinem Idol einlud und mir die Gitarre nach einem Konzert signiert überreichte.
Was nimmst Du persönlich aus Deiner Geschichte mit?
Dass man nie, nie aufgeben soll, seine Träume zu verfolgen. Nach meinem Umfall musste ich alles wieder neu lernen: laufen, sprechen, essen. Alles. Es war eine sehr schwierige Zeit für mich, verbunden mit vielen Rückschritten und Frustration. Mein IV-Betreuer sagte mir damals, dass ich mir keine grossen Hoffnungen machen solle. «Wählen Sie den einfachen Weg, Herr Jäggi», meinte er. Aber das wollte ich noch nie. Ich wollte wieder arbeiten und ein selbstbestimmtes Leben nach meinen Vorstellungen führen. Dafür kämpfte ich, weil ich der festen Überzeugung war, dass ich doch schlussendlich am besten weiss, was für mich passt.
Blicke ich heute zurück, kann ich mit vollem Bewusstsein sagen: «Ich habe meine Ketten gesprengt. Jetzt bin ich mir selbst näher denn je. Ich bin authentisch.»
Was würdest Du jemandem gerne aus Deiner Geschichte mitgeben?
Eigentlich vor allem eines: «Läbed die Tröim wo dr heit.» Also: Lebt Eure Träume. Und zwar jetzt.
Und noch aus Neugier: Wie viele Gitarren hast Du mittlerweile?
Insgesamt sind es jetzt doch bereits 25 (lacht). Und da ist noch Platz in meinem musikalischen Fotoalbum…